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Einfach Kind sein - Teil 1

Samira fasst mit beiden Händen in den frisch angehäuften Sandhaufen, ergreift mit gespreizten Fingern zwei Hände voll Sand und geht ihre Fäustchen darum klammernd mit ihm im Garten herum, um ihn später irgendwo wieder loszulassen. Es ist einer der ersten warmen und sonnigen Frühlingstage im Mai. In Samiras Nähe genießen einige erwachsene Familienmitglieder unter freiem Himmel die aufblühende Natur und das übermütige Gezwitscher der Vögel.  

Wenn man dem kleinen Mädchen bei seinem zufriedenen Spiel eine Weile zuschaut, könnte man meinen, es hat alles, was es braucht und es könnte immer so weitergehen. Einfach Kind sein und in aller Ruhe spielen können. Kinder kennen keine Zeit. Ist das wirklich so?
Irgendwann würde es ungemütlich, unangenehm, ja sogar bedrohlich werden, wenn nicht der Erwachsene rechtzeitig dafür sorgen würde, dass die elementaren Grundbedürfnisse nach Nahrung, Schutz, Wärme und Schlaf angemessen gestillt werden.

 

Was ist ein Kind? * Was macht es aus? * Was braucht es? * Welche Bedürfnisse hat es?

Kinder sind einerseits ständig wachsende und lernende, andererseits völlig ausgelieferte, abhängige und schutzbedürftige Wesen. Sie brauchen daher beides: Geborgenheit und Fürsorge als auch Freiheit und Unterstützung auf dem Weg in ihre Autonomie.

Der Hirnforscher Gerald Hüther spricht davon, dass ein Kind mit zwei grundlegenden menschlichen Bedürfnissen zur Welt kommt, auf die es bereits im Mutterleib geprägt wurde.

Das ist das Bedürfnis nach Verbundenheit auf der einen und jenes, über sich selbst hinauszuwachsen, auf der anderen Seite.

 

Jeder Mensch ist ein einzigartiges Individuum und gleichzeitig ein Gemeinschaftswesen.
Menschen wollen in guten Beziehungen leben und angenehme Gefühle wie Liebe und Zugehörigkeit empfinden, ohne sich dafür völlig anpassen und nach einem vorgegebenen Modell funktionieren zu müssen. Wir wollen geliebt werden, so wie wir sind, und die Freiheit haben, das zu tun und zu verwirklichen, wofür wir uns wirklich interessieren und begeistern. Ich nenne es, seinen eigenen Stern zu pflücken.

Schon das kleine Kind hat diese Sehnsucht. Es möchte in Ruhe spielen, tun und werken dürfen, ohne dass es dabei gestört, bevormundet oder manipuliert wird. Es möchte selbst forschen und über seine Entdeckungen und persönlichen Errungenschaften staunen dürfen. Dazu braucht es ausreichend Gelegenheit, Zeit, Freiraum und Unterstützung in seiner Selbstständigkeit. „Hilf mir, es selbst zu tun“, gab die weise Pädagogin Maria Montessori einst den Kindern eine Stimme.

Genauso elementar sind Wärme und Geborgenheit, indem der Erwachsene dafür die Verantwortung trägt, dass das Kind gut versorgt, liebevoll gepflegt und ausreichend genährt wird – körperlich und emotional.

Meiner Meinung liegt das Bedürfnis nach Verbundenheit um einen Hauch über jenem, nach persönlichem Wachstum und Selbstentfaltung. Darum wird ein Kind lieber auf seine Träume verzichten, als zu riskieren, nicht geliebt zu werden.

 „Es gibt keine Freiheit ohne Verbundenheit.“

 

Gerald Hüther

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Kommentare: 1
  • #1

    Petra R. (Sonntag, 16 Mai 2021 11:38)

    Wie wunderbar geschrieben!!! Ich bin ganz bei Dir. Danke für die Inspiration, immer wieder genauer hinzuschauen und zu reflektieren!

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