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Wie erkläre ich dem kleinen Kind das Kreuz? - Teil 2: Wie viele Informationen sind ausreichend und hilfreich?

Warum erkläre ich dem kleinen Kind überhaupt das Kreuz?

 

Meiner Meinung nach gibt es zwei Gründe, um dem Kind etwas Spirituelles zu erklären, welche beide deutlich miteinander korrelieren.

Zum einen ist es das eigene Bedürfnis des Erwachsenen, seine religiösen und spirituellen Gedanken dem Kind näher zu bringen, weil es ihm wichtig ist, dass sein Kind mit diesem Hintergrund aufwächst. Zum anderen kommt die Frage vom Kind selbst. Letzteres wird nur dann der Fall sein, wenn das Thema in dessen Alltag präsent ist, also vermutlich hauptsächlich dann, wenn es seine Bezugspersonen als religiös Praktizierende erlebt und es „Kreuze“ in seinem Umfeld gibt, die es wahrnehmen kann.

Zuerst würde ich mich hinspüren, inwiefern mein Bedürfnis, über das Kreuz zu sprechen, für das Kind im Moment stimmig ist. Sobald die Frage vom Kind selbst kommt, können wir freilich davon ausgehen, dass es daran interessiert ist.

 

 

Kommunikation mit Klarheit bezüglich eigener Motivation und inhaltlicher Thematik 

 

Wie immer, wenn es um Kommunikation geht, sollten dabei eigene Klarheit und Empathie für das Gegenüber Hand in Hand gehen. Wenn ich selbst weiß, was ich will und warum ich etwas will, kann ich dies verständlich mitteilen.
In Bezug auf schwierige geistige Inhalte, wie dies zum Beispiel beim Thema „Kreuz“ der Fall ist, bedarf es zudem inhaltlicher Klarheit, es braucht also das eigene Wissen und Verständnis davon. Sachliche Kompetenz ist wichtig, um den anderen nicht zu verwirren. Eine gute Lehrperson ist auf Sachebene selbst Fachfrau oder -mann. Natürlich sollte sie zusätzlich über pädagogisches Gespür und Empathie verfügen.

Bin ich mir noch unsicher, was ich dem Kind antworten soll, kann ich dies diplomatisch hinauszögern und es noch etwas vertrösten. „Das ist eine gute Frage. Da möchte ich noch ein bisschen darüber nachdenken. Reden wir heute Abend darüber?“ Dabei ist es für mich selbstverständlich, dass es sich bei diesem Versprechen nicht um leere Worte handelt, sondern dass sie mit der inneren Haltung von Respekt und Ehrlichkeit an das Kind gerichtet werden.

 

 

 

Wo kommen die Babys her – oder: muss ich immer alles sagen? 

 

Wenn also das Kind selbst wissen möchte, warum Jesus am Kreuz gestorben ist oder warum an vielen Plätzen ein Kruzifix hängt, dann rate ich nicht unser gesamtes Wissen, das wir zu dem Thema haben, gleich zu präsentieren.

Ich möchte dies am Thema „Ein Baby kommt“ verdeutlichen. Kleine Kinder erleben oft schwangere Frauen in ihrem Umfeld, sei es die Mutter einer Kindergartenfreundschaft von Cousins und Cousinen oder Frauen beim Einkaufen. Wenn es selbst ein Geschwisterchen bekommt, ist das Thema ein Thema, keine Frage. Dass das Baby jetzt noch im Bauch der Mama ist, ist für ein kleines Kind sichtbar und leicht nachzuvollziehen. Der Umstand, dass es weiß, dass das Baby im Bauch der werdenden Mutter ist, bedeutet noch lange nicht, dass es zu diesem Zeitpunkt wissen möchte, wie es da wieder herauskommt. Schon gar nicht hat es danach gefragt, wie das Baby in den Bauch hineingelangt ist. Das Wissen offenbart sich wie Zwiebelschalen. Schrittweise vertiefen sich die Erkenntnisse immer komplexer von außen nach innen.

Wenn das Kind wissen möchte, wo das Geschwisterchen denn ist, das im Sommer zur Welt kommen wird, wird es mit der einfachen und sachlich korrekten Antwort, dass es jetzt im Bauch der Mama ist, völlig zufrieden sein. Eventuell können wir noch ergänzen, dass es dort wächst und alles bekommt, was es braucht, bis es groß genug ist, falls das Kind wissen möchte, was das Baby dort macht.
Es ist nicht notwendig, ja sogar kontraproduktiv, wenn wir alles, was wir zu einem Thema wissen, in unsere Antwort auf eine Frage verpacken. Dieser Grundsatz gilt übrigens genauso im Umgang mit Erwachsenen. Oft neigen wir dazu, viel mehr zu sagen, als der andere wissen möchte. Eine schöne Gesprächstugend ist es, genau hinzuhorchen, was der andere wirklich wissen möchte bzw. wonach er eigentlich gefragt hat.

 

 

Welche Bedeutung hat das Kreuz für mich persönlich?

 

Spiritualität hat mich schon als Kind interessiert und beschäftigt. Es war mir wichtig, dass alle Menschen in den Himmel kommen, gleich wo sie leben und welche Religion sie praktizieren oder nicht.

Heute ist mir der Aspekt des Verbindenden noch bedeutungsvoller geworden und ich suche danach, wo die verschiedenen Lehren miteinander übereinstimmen, auch wenn unterschiedliche Begriffe und Metaphern verwendet werden.

Da ich in Österreich lebe und aufgewachsenen bin, sind meine Wurzeln im Christentum beheimatet und vom katholischen Religionsunterricht geprägt, wobei ich mich selbst seit jeher als Christin denn als Katholikin bezeichnet habe. Zu Jesus Christus habe ich eine besondere Beziehung, die ich mit Gefühlen von Freude, Hoffnung und bedingungsloser Liebe verknüpfe. Für mich ist Jesus zu allen Wesen aller Zeiten gekommen, um uns als Mensch einen Weg vorzuleben, wie wir selbst den Himmel, Erleuchtung oder Glückseligkeit erlangen können, egal wie wir es bezeichnen.

Das Symbol des Kreuzes macht für mich insofern Sinn, als ich Spiritualität nicht für eine „Wellness-Wissenschaft“ halte, die das Unangenehme ausblendet, viel zu sehr suchen die Menschen meiner Meinung nach ihr Glück in weltlichen, vergänglichen Dingen, wobei ein ethisches Leben nicht ausschließt, dass wir im Hier und Jetzt glücklich sind, im Gegenteil. Jesus Christus kommentierte es folgender Maßen: "Ihr wollt nicht zu viel, ihr wollt zu wenig!" Für mich ist Spiritualität die ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Weg, der uns Leiden und Tod für immer überwinden lässt. Dieser Weg führt nur über ein ethisches Leben, darin sind sich alle Glaubensrichtungen einig. Die „Zehn Gebote“ findet man im übertragenen Sinn in allen Religionen wieder. Gute Taten führen nicht nur langfristig zu Glückseligkeit, sondern bringen uns sofort angenehme Ergebnisse, sofern wir diese nicht selbst durch negative Gedanken wie "Warum helfe immer nur ich und nicht die anderen?" verhindern. Gutes Tun und sich darüber freuen sind der Schlüssel zum Glück.

Ich finde es bedeutungsvoll, uns der eigenen Sterblichkeit bewusst zu sein und uns immer wieder selbst zu überprüfen, unser Leben gut zu nützen und es ethisch zu gestalten. Nächstenliebe, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft sind dafür genauso wesentlich, wie sich darin einzubremsen, andere zu verurteilen und sich über sie zu stellen.

Dass für kleine Kinder das Kreuz nichts Furchteinflößendes sein muss, kann ich an zwei Episoden meiner eigenen Kinder erzählen. Einmal beobachtete ich meine jüngste Tochter. Sie schrieb (bzw. zeichnete) einen Brief an das Christkind, legte ihn ins Fenster, ging danach zum Kruzifix, das bei uns im Stubenwinkel hängt, und sagte zum gekreuzigten Christus: „Liebes Christkind, ich hab‘ dir gerade einen Brief geschrieben. Bitte hole ihn bald ab!“ Meine mittlere Tochter liebte unseren Jahreszeitentisch besonders. In der Vorweihnachtszeit wurde dort der Weg von Maria und Josef nach Bethlehem nachvollzogen und parallel dazu das Buch “Marias kleiner Esel und die Flucht nach Ägypten“ vorgelesen. Eines Tages wünschte sie sich: „Ich möchte, dass das Jesuskind auf dem Jahreszeitentisch bleibt, bis sie nach Ägypten fliehen und zurück nach Nazareth kommen und bis dass der Jesus am Kreuz stirbt.“

Bestimmt wurden meine Kinder von meiner eigenen Einstellung geprägt, die das Leben und Wirken von Jesus Christus zutiefst mit Liebe und Überwindung von Verlust und Angst verbindet. Für mich hat das Kreuz keine Schattenseite, weil ich davon überzeugt bin, dass es einen Weg gibt, den Tod für immer zu überwinden, wenn ich Nächstenliebe zu meinem Lebensprinzip mache.

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